
Wort zur zweiten Lesung
Von Andrea Geiger
Und wieder einmal habe ich die Entscheidung getroffen: 10 Kilo weniger. Dann ist immer noch genug von mir da, aber es würde sich dann leichter leben. Die Hosen und Blusen hätten auch mehr Spielraum, und ich würde mich besser fühlen.
Aber nur weil ich diese Entscheidung getroffen habe, sind die Kilos nicht weg. Der Entscheidung müssen Konsequenzen folgen: Auf Dinge verzichten, die ich gern mag – gutes Essen, Wein, Schokolade. Und zum anderen – Dinge tun, auf die ich durchaus verzichten könnte – mehr Bewegung, Sport oder Fitnessübungen … Und alle Glückshormone, Dopamin und Serotonin, helfen nur kurzfristig, den langen mühsamen Weg zu gehen, wegen den lapidaren 10 Kilo.
Ähnlich ist es bei mir mit den Versöhnungswegen. Egal in welche Richtung. Ob ich Grund habe, um Verzeihung zu bitten oder wer anderer mich um Verzeihung bittet. Die Entschuldung, das Vergeben, das um Vergebung Bitten ist möglicherweise schnell ausgesprochen (Wir sind ja höfliche Menschen). Und dann nagt das … lange, bohrt sich ins Hirn, dreht seine Runden – z. B. vor dem Einschlafen … Rachegefühle und Vergeltungswünsche finden hier einen fruchtbaren Boden. Vor allem aber macht es unfrei und irgendwann vielleicht verbittert, das Verletzt- und Unversöhnt-Sein, die Schuld, die Narben, die immer schwerer werden.
Als Christin darf ich mich drauf verlassen, dass unser Gott genau diese Wege mit uns geht. Die neue Schöpfung, die wir in Christus sind, macht uns nicht von heute auf morgen zu einem rundum guten – versöhnten, freien Menschen. Und schon gar nicht zu einem mit Teflon überzogenen Menschen, an dem alles abperlt.
Aber mit der Entscheidung Christ zu werden, wächst die Sehnsucht, dass alles (auch ich) gut wird. Dafür brauchen wir den ganz langen Atem … Jesus, hauch uns an!
Andrea Geiger ist Projektassistentin im Pastoralamt der Katholischen Kirche Vorarlberg.
Kontakt: sonntag@koopredaktion.at