
Wort zur zweiten Lesung
Für geübte Katholik:innen wie mich ist diese Lesung eine Gratwanderung. Zu oft wurde ich auf das Jenseits vertröstet: „Was immer jetzt ist ... dann wird alles gut“ oder „Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass wir ja in den Himmel kommen“ usw. Das Leben hier und jetzt ist so eine Art Bewährungsprobe für die Ewigkeit. Wenn du das hier gut machst und brav bist, kommst du – zumindest nach einer ungewissen Zeit – in den Himmel, aber nur – vielleicht. Es bleibt vage. Das Gesamtpaket wirkte nicht sonderlich attraktiv – vergiss, was heute ist, es geht um die Ewigkeit, den Himmel.
Es gibt doch diese Momente im Leben, die fühlen sich genauso an – wie Ewigkeit. Oder zumindest wünsche ich mir dann, sie würden ewig dauern: In den Armen eines geliebten Menschen zu liegen, ein ultimativer Sonnenauf- oder -untergang, das Siegestor der eigenen Mannschaft, ein Stück Schokolade, der erste Schrei des neugeborenen Babys oder wenn es dich das erste Mal anlächelt ...
Ein Stück Himmel auf der Erde! Zumindest ein kleines Stück vom großen Glück. Oder: Unser Vater – Dein Reich komme, wie im Himmel so auf Erden.
Das ist unsere Hoffnung als Christenmenschen – das Vertrauen – herbeigesehnt und ins Leben geliebt zu sein – möglicherweise trotz aller Widrigkeiten – so, wie wir sind. Nicht irgendwann – der Evangelist Lukas zitiert Jesus: „Reich Gottes ist auch schon hier und jetzt, mitten unter uns.“
(Lk 17,20f) Es liegt an uns, ob und wie wir den Menschen, mit denen wir unseren Alltag teilen, einen Vorgeschmack unserer wahren Heimat, ein Hauch von Ewigkeit vermitteln – zumindest ein kleines Stück vom großen Glück für ALLE.
Und – auf jeden Fall – freue ich mich auf das Wiedersehen irgendwann dann dort mit
all jenen, die ich hier und jetzt vermisse ... das ist unser Hoffnungspaket.
Andrea Geiger ist Projektassistentin im Pastoralamt der Katholischen Kirche Vorarlberg.
Kontakt: sonntag@koopredaktion.at