Nach über 56 Jahren im Referentinnen-Stand verabschieden Sie sich. Ich frage jetzt einfach ganz neugierig: Schaffen Sie das überhaupt, keine Vorträge mehr zu halten?
Irmgard Fleisch (lacht): Mein Hauptberuf war und ist Hausfrau und Mutter; da kommt man nicht in Pension. Außerdem habe ich viele Interessen und viele Menschen, denen ich mehr Zeit schenken möchte. Wissen Sie, bei allen meinen Vorträgen war es mir immer wichtig, dass ich authentisch sein konnte. Dass ich aus eigener Erfahrung spreche. Heute stellen die Eltern oft Fragen zum Umgang mit Sozialen Medien. Darüber kann ich nicht authentisch sprechen, weil es das alles zur Jugendzeit unserer Kinder noch nicht gab. Aber dass ich doch hin und wieder Vorträge zu meinen Themen halte, das schließe ich natürlich nicht aus.
Dann gehen wir doch gemeinsam einmal ganz an den Anfang. Wie wurden Sie Referentin für Jugendthemen und Elternfragen?
Fleisch: Kommen Sie mit mir in meine Hauptschulzeit. Ernst Hofer, der später ja Generalvikar war, war mein Religionslehrer. Mit 14 Jahren hatten wir einen „Schulentlasstag“, an dem eine Hebamme mit uns über Sexualität, Liebe und Aufklärung redete. Ich habe das alles schon gewusst, weil meine Mutter immer sehr ehrlich und positiv mit uns gesprochen hat. Als Aufgabe hat uns Ernst Hofer dann über diesen Tag einen Aufsatz schreiben lassen. Meinen habe ich von ihm mit den Worten zurückbekommen: „Irmgard, vergiss nicht, was ich dir jetzt sage: Das wird einmal dein Beruf werden.“
Und er behielt Recht?
Fleisch: Ja, er behielt Recht. 10 Jahre später hat er mich nämlich angerufen und gefragt: „Irmgard, weißt du noch, was ich dir damals gesagt habe?“ Ich wusste es noch, und er wollte, dass ich bei der Jahrestagung – das, was heute das Herbstsymposion ist – einen Vortrag zum Thema „Begegnung der Geschlechter“ halte. Ich habe diesen ersten Vortrag und viele weitere vom Anfang bis zum Ende niedergeschrieben. Eine gute Vorbereitung ist für mich auch ein Zeichen der Ehrfurcht vor den Menschen, die mir ihre Zeit schenken. Ja, und dann kam die Jahrestagung. Von den 200 Menschen, die mich da gehört haben, haben anschließend einige gefragt, ob ich zu ihnen nicht auch käme. So hat sich das dann alles entwickelt.
Sie waren im gesamten deutschsprachigen Raum tätig. Vieles ergab sich durch Mundpropaganda. Und Sie standen Schulen als Referentin zur Verfügung.
Fleisch: Ja, ich erinnere mich da an einen Tag mit einer Gymnasiums-Klasse in St. Arbogast. Ich komme in den Raum, und da steht schon eine Schülerin auf und sagt: „Frau Fleisch, wir sagen es gleich, Sie können heute reden, worüber Sie wollen, wir glauben Ihnen nichts. Unser Direktor hat Sie bestellt und da müssen Sie so reden, wie er will.“ Was macht man da? Ich habe in solchen Situationen immer den Heiligen Geist angerufen. „Heiliger Geist, bitte, ich brauche eine Spitzenidee.“ Und da war die Idee schon. Ich habe gesagt: „Dann könnt ihr mir erklären, wie ein Knollenblätterpilz schmeckt.“ Da haben sie mich angestarrt. Ja, der sei doch giftig. Den könne man doch nicht essen. Das habe ihnen der Biologielehrer gesagt. Da habe ich zurückgefragt, ob sie das denn wirklich glauben, was der Biologielehrer da erzähle. Die Reaktion war herrlich und es wurde ein toller Tag.
Sie hatten ja den Heiligen Geist mit an Bord ... Haben sie ihn noch öfter in schwierigen Situationen angerufen?
Fleisch: Sehr oft. Ich hatte übrigens mit sieben Jahren den Eindruck, dass der Heilige Geist vernachlässigt wird. Er tat mir so leid (lacht). Alle beteten zu Gott Vater und Gott Sohn und der Muttergottes, und der arme Heilige Geist – also nein. Das musste ich ändern. Eine Geschichte, die wieder mein Religionslehrer Ernst Hofer erzählt hat, hat mich darin noch zusätzlich bestärkt. Ernst Hofer selbst sei als junger Kaplan eine ältere Frau aufgefallen, die immer für jede und jeden das richtige Wort fand. Er habe sie dann einmal gefragt, wie sie das denn mache. Ja, ob er als Kaplan denn nicht an die Heilige Schrift glaube, fragte sie ihn. Da stehe doch, dass der Heilige Geist schon das richtige Wort eingeben werde. Das habe ich mir gemerkt und noch heute denke ich – z. B. wenn das Telefon klingelt – „Heiliger Geist, bitte...“ Dazu gibt es übrigens eine nette Geschichte...
Veronika Fehle
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