Der letzte Satz der Lesung aus dem Brief an die Gemeinde in Ephesus fasst treffend zusammen, was vorangegangen ist. Er öffnet uns zudem eine Tür, die uns staunen lässt. „Zieht den neuen Menschen an, der nach dem Bild Gottes geschaffen ist!“ Hier wird an die Erschaffung des Menschen im ersten Buch der Bibel angeknüpft: „Gott erschuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes erschuf er ihn. Männlich und weiblich erschuf er sie.“ (Gen 1,27) Beim „Bild“ geht es nicht um äußere Merkmale, sondern darum, dass der Mensch von Gott ansprechbar ist und mit Gott in Beziehung treten kann.
Der große Mystiker Meister Eckhart (um 1260–1328) hat sich intensiv mit dem Menschwerden und Menschsein auseinandergesetzt. „Werde, der du bist!“, ruft er dem Menschen bis heute zu. Der Prozess dazu, dem Bild Gottes immer mehr zu entsprechen, nennt er „Bildung“. Ihm verdanken wir dieses großartige Wort, das es in keiner anderen Sprache gibt. Mit „Bildung“ meinen wir weit mehr als Erziehung. Es geht um unser Menschwerden und Menschsein. Es geht darum, dass wir nach dem Bild Gottes geschaffen sind und diesem Bild mehr und mehr entsprechen wollen. Bildung betrifft darum unser ganzes Leben, vom Moment der Empfängnis bis zum Tode.
„Werde, der du bist!“ Wir sollen nicht hängen bleiben im oberflächlichen Denken oder gar trügerischen Versprechen nachlaufen. Wie aktuell die heutige Lesung ist! Eines ist klar: In Bildung sollten wir nicht sparen – nicht im persönlichen Leben, nicht in der Familie, nicht am Arbeitsplatz, nicht in der Wirtschaft, nicht in der Politik, nicht in der Kirche.
Lesen Sie weitere Berichte im KirchenBlatt Nr. 29 vom 25. Juli 2024. Zum Login der Digital-Ausgabe
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