Dass der Nationalsozialismus auch in Vorarlberg präsent war, zeigt die aktuelle Ausstellung „Tatsachen. Das materielle Erbe des Nationalsozialismus“ im Stadtmuseum in Dornbirn. Gezeigt werden dort bis zum 19. Jänner 2025 verschiedene Erbstücke von Familien aus Vorarlberg, gemeinsam mit deren Erlebnissen. Diese Ausstellung ist ein Paradebeispiel dafür, wie materielle Kultur und historische Artefakte uns helfen können, die Vergangenheit zu verstehen und nahbar zu machen. Denn ohne Nähe gerät etwas schnell in Vergessenheit.
Das Stadtmuseum Dornbirn, gelegen im Herzen der Stadt, ist ein Ort, der der Bewahrung und Präsentation der lokalen Geschichte gewidmet ist. Es soll ein Ort des öffentlichen Lebens, der Information, der Wissensspeicherung, der Vernetzung, der kritischen Reflexion und der Interaktion sein und genau das ist es mit der aktuellen Ausstellung, die nicht nur wichtig für die Vergangenheit, sondern auch für unsere Zukunft ist.
Durch einen Aufruf im Sommer 2022 wurde der Beginn der Ausstellung gesetzt. Zu diesem Zeitpunkt wurde eine Anlaufstelle für all jene, die Objekte aus der NS-Zeit abgeben wollen oder offene Fragen zu ihrer Familiengeschichte haben, im Stadtmuseum eingerichtet. Die Ausstellung basiert auf Objekten und Geschichten, die im Rahmen dieser Aktion gesammelt werden konnten. Zu den Exponaten gehören Propagandamaterialien, Gasmasken, Alltagsgegenstände und Dokumente, die das Leben und die Ideologie während des Nationalsozialismus illustrieren. Zu sehen sind Abzeichen, Magazine, Urkunden, ein deutscher Kleinempfänger und vieles mehr. Sogar Christbaumkugeln mit plakativem Hakenkreuz befinden sich unter den Objekten. Auch Gegenstände des Widerstandes können entdeckt werden. Diese Artefakte sind nicht nur Zeugnisse einer dunklen Ära, sondern auch wichtige Mahnmale, die uns an die Gräuel und die Auswirkungen dieser Zeit erinnern. All diese Gegenstände sind nüchtern in milchigen, halbdurchsichtigen Euroboxen verwahrt. Ästhetisierung ist nicht das Ziel. Besonders hervorgehobene Gegenstände sind zu erkennen, der Rest des Materials ist, durch das Scannen eines QR-Codes, sichtbar. Aufgelockert wird die Ausstellung durch Video- und Audiomaterial von Angehörigen, die von Erlebnissen und Geschichten in Zusammenhang mit ihrem schweren Erbe erzählen.
Indem das Stadtmuseum Dornbirn die materielle und immaterielle Kultur der Stadt bewahrt, trägt es wesentlich dazu bei, dass die Geschichte lebendig bleibt und nicht in Vergessenheit gerät. Es bietet eine Plattform für Bildung und Reflexion und fördert das Verständnis und die Wertschätzung für die Leistungen und Herausforderungen der früheren Generationen. Diese Ausstellung und das Museum erinnert uns daran, dass wir ohne das Wissen um unsere Vergangenheit nicht in der Lage sind, unsere Gegenwart vollständig zu verstehen und erst recht nicht unsere Zukunft sinnvoll gestalten können. Denn um zu wissen, was richtig ist, müssen wir verstehen was falsch ist. Anna Kadisch