Da stürmt es, das Boot wird hin und her geworfen und geht fast unter – und Jesus schläft. Jeder, der einmal auf einem Boot einen Sturm erlebt hat, weiß, dass in so einer Situation an Schlaf nicht zu denken ist. Die Unmöglichkeit, dass sich dies buchstäblich so zugetragen haben könnte, lässt mich nach dem tieferen Sinn dieser Szene suchen.
Für mich steht das Boot für die Kirche, die vom Ufer ablegt, sich auf dem Weg macht hin zu neuen Ufern und dabei ordentlich Gegen- und Seitenwind bekommt. Ja, sie droht sogar unterzugehen; zu kentern. Geht es uns als Kirche – verstanden als Gemeinschaft der Christen – nicht heute auch oft so? Stecken wir nicht auch in einem solchen Sturm, wo wir nicht mehr wissen, wie es weitergehen soll? Wo wir uns als Kirche neu finden müssen /können / dürfen? Das „Boot“ schwankt hin und her, kann nur schwer eine Richtung beibehalten.
Und Jesus? Schläft – greift nicht ein. Erst als die Jünger – schon fast verzweifelt – sich an ihn wenden und ihm ihre Not klagen, wird er aktiv. Er bringt den Sturm zum Schweigen und rettet das Boot so vor dem Kentern.
Auch ich habe einmal in einer ausweglosen Situation erlebt, dass sich zuerst nichts bewegt hat – als ich aber Gott mein Leid geklagt und ihm meine Lösung der Situation präsentiert hatte, dann kam es genau wie von mir beschrieben, und „der Sturm hat sich gelegt“. Mir war, als ob Gott nur auf mein Anfragen gewartet hatte, um dann eingreifen zu können. Vielleicht müssen wir manchmal einfach nur den Mut haben, ihn aufzuwecken?
Claudia Hubert ist Mitglied der Fokolar-Bewegung und arbeitet als Fachreferentin in der Diözese Innsbruck. Kontakt: sonntag@koopredaktion.at
Aus dem KirchenBlatt Nr. 24 vom 20. Juni 2024. Zum Login der Digital-Ausgabe
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