Warum vertreibt Jesus die Händler aus dem Tempel? Sie machen für die jüdischen Gläubigen den Gottesdienst erst möglich, weil sie das heidnische Geld in die erlaubte Tempelwährung umtauschen oder die Tiere für die vorgeschriebenen Opfer verkaufen. Sicher machen sie dabei ihr Geschäft, aber im Dienst am Tempelgottesdienst, wie er in der Bibel vorgeschrieben ist.
Der Tempel ist mehr als nur ein Bauwerk, er ist der zentrale Ort für die jüdische Religion. In der Zeit des Exils war er schon einmal zerstört und wurde danach unter großen Mühen wieder aufgebaut. Hier können die Gesetze und Vorschriften der Religion erfüllt werden, hier können die Gläubigen ihren Glauben leben, hier begegnen sie ihrem Gott. Es ist verständlich, dass die jüdischen Autoritäten so scharf reagieren.
Auch für Jesus ist der Tempel wichtig,
wie das Zitat aus dem 69. Psalm zeigt.
Er reagiert leidenschaftlich. Dabei geht
es um viel mehr als die Vorschriften oder das Gefühl, das Richtige zu tun. Es geht
um die Begegnung mit Gott selbst.
Seine Jünger verstehen Jesu Botschaft noch nicht. Sie wird nach seinem Tod am Kreuz und seiner Auferstehung deutlich. Es ist eine österliche Botschaft. Auch wenn unsere irdischen Vorstellungen zerbrechen, der Tempel zerstört wird, wie es das Volk Israel bald danach wieder erlebt, wenn unsere Kirchen nicht mehr gefragt sind, vielleicht verkauft werden müssen oder verfallen, Gott hat noch etwas anderes vor. Die Auferstehung überwindet auch den Tod. Wenn Gott in die Welt kommt, dann hat damit schon etwas Neues angefangen.
Hubert Philipp Weber ist Rektor der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems.
Kontakt: sonntag@koopredaktion.at
Aus dem KirchenBlatt Nr. 8 vom 29. Februar 2024. Hier geht's zur Digital-Ausgabe
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