Die Lesungen aus dem 1. Korintherbrief, die an den kommenden Sonntagen verkündet und gehört werden, haben es in sich. Sie wurden nicht selten zurechtgebogen und umgedeutet und können immer noch aufregen. Der Schreiber dieses Briefes richtet seine Sorgen an die Gemeinde von Korinth, die damals als große Handelsmetropole und Hafenstadt ein polarisierender Umschlagplatz des Lebens war und von allem Schönen und Beglückenden, aber auch von allen Überforderungen und Gegensätzen des Lebens gezeichnet war. Nicht zu vergessen: Paulus, der Schreiber dieses Briefes, hatte zu den korinthischen Lebensgewohnheiten seine ganz eigene, wahrscheinlich auch verletzte Sicht.
Auch der Leib ist heilig! Die unselige Trennung „Leib – Seele – Vernunft“ entspricht weder der christlichen Schöpfungstheologie noch dem Glauben an die Auferstehung. Auch der Leib mit all dem, was seine Faszination ausmacht oder ihn knickt, ist gottgewollt. Beziehung, Nähe, Zärtlichkeit, Fantasie, Verlockung, Schönheit, Anziehung, Spiel und Sexualität sind ein großes, oft auch ein verletzbares Geschenk. Grenzüberschreitungen, Ausverkauf, Missbrauch, Versklavung fügen nicht nur dem Leib Wunden zu, sondern knicken den ganzen Menschen. Der Leib ist nach biblischem Verständnis sogar der Tempel Gottes und seines Heiligen Geistes. Gott wohnt im Leib der Menschen, und der Mensch wird befähigt, Gottes Ebenbild zu sein. In der Menschwerdung hat Gott diesen menschlichen Leib angenommen. Eine Sexualmoral, die den Leib abwertet, widerspricht dieser Wahrheit. Letztlich geht es um Begegnung, Beziehung und Respekt füreinander, mehr noch: um Liebe. Sie ist die stärkste und doch die demütigste Macht der Welt.
P. Karl Schauer OSB ist Bischofsvikar in der Diözese Eisenstadt. Kontakt: sonntag@koopredaktion.at