Im Rahmen der KirchenBlatt-Serie teilt der langjährige Caritas-Seelsorger, Mitbegründer der Hospizbewegung in Vorarlberg und Russ-Preis-Träger, Elmar Simma, seine Gedanken zum Advent.
Ein Mensch trat auf, von Gott gesandt. Sein Name war Johannes. (Joh 1,6)
Diese Beschreibung trifft auf Johannes, den Täufer, und seinen Cousin Jesus zu. Ersterer war überzeugt, dass in Jesus eine neue Zeit anbricht, der Messias kommt, und er wollte die Leute darauf vorbereiten. Er rief sie mit strengen Worten zu Buße und Umkehr auf. Sie sollten sich ändern und zum Zeichen dafür taufen lassen.
In allen Medien ist es üblich, Interviews mit interessanten und kompetenten Persönlichkeiten zu führen. Ich möchte in ähnlicher Weise ein imaginäres Interview mit Johannes dem Täufer bringen.
Sehr geehrter Herr Johannes, es ist beeindruckend, wie viele Leute täglich zu Ihnen an den Jordan kommen. Ihre scharfe, mahnende Predigt geht den Leuten unter die Haut. Deshalb lassen sie sich auch von Ihnen taufen. Angesichts dieses Erfolgs wundert es mich jedoch, dass Sie sagen: „Ich taufe nur mit Wasser!“ Warum „nur“?
Johannes: Wasser ist das Urelement und Ursymbol des Lebens, und Wasser reinigt. Ich möchte die Herzen und Gedanken der Menschen reinigen, damit sie zu einem guten Leben finden, ihre innere Lebendigkeit entdecken und ein Leben führen, wie Gott es für sie erträumt hat. Aber ich spüre da auch meine Grenzen. Nicht ich kann die Menschen in den tiefsten Wurzeln erlösen und gut machen, ich kann nicht ihre Sehnsucht nach Leben erfüllen. Meine Taufe reicht nicht tief genug. Da braucht es einen Stärkeren.
Und dieser Stärkere ist Jesus?
Johannes: Genau. Sehen Sie z.B.: Man kann Frieden nicht einfach mit Politik oder Waffen machen. Versöhnung geschieht nicht allein durch eine Predigt meinerseits. Da braucht es einen Größeren, der den Menschen das Herz aus Stein, das verhärtete Herz umwandelt, ersetzt durch ein Herz aus Fleisch, durch ein fühlendes, liebendes Herz. Es braucht einen, der den Menschen ein neues Denken, ein neues Wollen schenkt, damit die Liebe wie ein Feuer in ihnen brennt. Es braucht eine Taufe mit dem Geist Gottes, damit in den Herzen die Sehnsucht nach Frieden und Gerechtigkeit wächst.
Entschuldigung, gibt es das wirklich, dass die Menschen ein neues Herz bekommen?
Johannes: Ja, doch, ich bin überzeugt, dass alle, die auf Jesus hören, an ihn glauben, im Inneren, im Herzen anders werden. Ihre Einstellung, ihr Leben verändert sich.
Können Sie mir Beispiele dafür nennen?
Johannes: Nun, da fällt mir vieles ein:
Jemand erfüllt in Treue seine Pflicht trotz des Gefühls, der oder die Dumme zu sein.
Jemand ist gut zu einem, einer anderen, obwohl kein Echo der Dankbarkeit zurückkommt.
Jemand verzeiht, obwohl er/sie keinen Lohn dafür erhält und man das schweigende Verzeihen für selbstverständlich nimmt.
Jemand steht hin und benennt ein Unrecht, selbst mit dem Preis, dafür von anderen „geschnitten“ zu werden.
Ach ja, und Menschen haben ein offenes Herz für die „Geschwister in Not“. Sie fangen an, solidarisch zu denken und zu handeln und sehen im Fremden nicht einen Gegner, der ihnen etwas wegnimmt, sondern einen Menschen, der genauso viel wert ist wie sie selbst.
Und woher kommt die Kraft dazu?
Johannes: Ich denke, hier ist Gottes Geist am Werk. Durch ihn tauchen die Menschen hinein in die Haltung Jesu. In diesen Menschen wirkt Jesus erlösend und befreiend. Er ist wirklich der Stärkere als ich.
Haben Sie noch einen Wunsch?
Johannes: Ja, dass die Menschen nicht nur äußerlich Weihnachten feiern, sondern dass bei ihnen Jesus „vorkommt“ im doppelten Sinn des Wortes, dass Jesus in den Herzen vieler geboren wird!
Erstens: Paulus vergleicht die Kirche mit dem „Leib Christi“. Er ist das Haupt, wir sind die Glieder (1Kor 12). Und wir haben seinen Geist. Darin wird auch die Unfehlbarkeit der Kirche begründet. Das ist richtig und doch problematisch, weil die Kirche selbst in dogmatischen Aussagen zeitbedingt ist (z.B. beim Verbot, über die Frauenordination nur zu diskutieren). Es wäre gut, die Kirche würde sich mehr an Johannes orientieren und so wie dieser immer nur auf Christus hinweisen.
Zweitens: Jesus lag in seiner Verkündigung zuerst auf der Linie des Johannes und forderte Buße und Umkehr. Aber mit der Zeit sprach er immer mehr von einem barmherzigen, liebenden Vater. Als er in Nazareth mit seiner neuen religiösen „Familie“ auftauchte, gab es Widerstand. Und durch die Begegnung mit der Syrophönizierin, lernte er, dass er nicht nur für das Volk Israel, sondern für alle Menschen da sein soll. Sind wir im Glauben „Lernende“, so wie es von Christus gesagt wird?
Im Rahmen der KirchenBlatt-Serie teilt der langjährige Caritas-Seelsorger, Mitbegründer der Hospizbewegung in Vorarlberg und Russ-Preis-Träger, Elmar Simma, seine Gedanken zum Advent.