Muss man Gott gefallen? Liebt Gott mich nicht einfach bedingungslos, so wie ich bin? Diese Fragen fallen mir als Erstes ein, wenn ich auf den Lesungstext aus dem Buch Jesaja blicke.
Der Gottesknecht, wie er hier beschrieben wird, ist einer, der Recht und Gerechtigkeit bringt, aber nicht in donnernder „Denen-werde-ich-es-zeigen-Mentalität“, sondern auf ruhige und besonnene Art und Weise. Im Lesungstext wird dieser Diener als jemand dargestellt, der „nicht schreien“ und „nicht rufen“ wird, der „kein geknicktes Rohr zerbricht und einen glimmenden Docht nicht auslöscht“.
Statt Gewalt und Zwang wird er in sanfter Stärke tätig, er bringt Frieden und Heilung für die Zerbrochenen und Hoffnung für die Hoffnungslosen. Diese Bilder verdeutlichen, dass Gott jemanden sucht, der die Schwachen und Zarten behutsam behandelt und nicht mit Härte reagiert, sondern mit Mitgefühl und Weisheit zu ihnen steht. Ein solcher Diener ist jemand, der in Gottes Augen „gefällt“, weil er Gottes Herz widerspiegelt – voller Barmherzigkeit und Geduld.
Um zu meinen Eingangsfragen zurückzukehren: Ich glaube fest daran, dass ich von Gott gewollt und geliebt bin und ich mir seine Liebe nicht verdienen muss. Aber die vorgestellten Bilder können Ansporn für mich sein, wie Gottes Geist und Kraft in der Welt durch mich wirken können. Indem ich mich immer wieder für die Liebe entscheide und gegen die „Hau-drauf-Mentalität“, die in unserer Welt oft zu finden ist.
In diesem Sinne ist es für mich ein Ansporn, durch mein Handeln nicht Gottes Liebe zu verdienen, sondern seine Liebe durch mein Handeln weiterzugeben.
Stefanie Hinterleitner ist Pastoralassistentin in der Linzer Dompfarre und in der Martinskirche Linz.
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