Wie sind Sie zu diesem Beruf als islamischer Bestatter gekommen?
Ali Can: Früher, also noch vor dem Jahr 2003, wurde jeder tote Muslim in seine Heimat überführt. Wir mussten dann immer in Gasthäusern oder Moscheen um Geld betteln. Das war sehr schwierig. Als dann gerade ein Landsmann von mir gestorben ist, habe ich meine Kollegen gefragt: „Warum gründen wir nicht einen Beerdigungshilfeverein?“ Ich habe von 266 Menschen Kontaktdaten gesammelt, bin damit zu einem Rechtsanwalt gegangen und habe zu ihm gesagt: „Alle diese Leute wollen einen Verein.“ 1987 haben wir den Verein gegründet. Wenn ein Mitglied gestorben ist, haben wir einen österreichischen Bestatter angerufen und die Rechnungen bezahlt. Eine Firma konnte ich damals noch nicht gründen, wegen des Monopolsystems in Österreich. Aber dann ist Österreich zur EU gekommen. Mit einer Konzession von einem anderen Bestatter habe ich dann 2003 mit meiner Firma angefangen. Am Anfang war es noch schwierig und viel Bürokratie nötig, aber jetzt ist es für mich ein Kinderspiel.
Werden heute auch noch viele Muslime überführt?
Can: Ja durchaus. Auf den Friedhof in Altach kommen eher junge Leute. Das habe ich auch einmal bei einem ORF-Interview gesagt, als gefragt wurde, ob jetzt alle hierherkommen. Das dauert sicher noch, zehn bis 20 Jahre. Inzwischen gibt es den Friedhof über zehn Jahre, es kommen immer mehr Gräber dazu.
Wie läuft eine Überführung ab?
Can: Zuerst wird der Tote gewaschen, damit er sauber ist. Die Frauenleiche waschen nur Frauen und die männliche Leiche nur Männer. Dann wickeln wir ihn in ein weißes Tuch, nicht in Anzüge. Bei Frauen und Männer passiert dasselbe, nur dass bei Frauen mehr Stoff benutzt wird. Ich überführe in die ganze Welt, aber am häufigsten in muslimische Länder. Ich fülle hier alle Papiere aus, fahre dann nach München oder Stuttgart und gebe die Leiche im Sarg dort ab. Im Beerdigungsland organisiere ich auch einen Leichenwagen, der dann beim Zielflughafen wartet und die tote Person zum Beerdigungsort bringt. Dann ist unsere Aufgabe erledigt. Wenn wir den Sarg in die Türkei überführen, dann nehmen sie die Leiche aus dem Sarg raus und begraben sie so.
Und was passiert bei einer Beerdigung auf dem Friedhof Altach?
Can: Bevor die Angehörigen zum Grab gehen, gibt es ein Abschiedsbeten. Nach nicht einmal zehn Minuten sind sie damit fertig. Dann geht man zum Grab und ein Vorbeter (Imam) liest aus dem Koran. Vier Personen lassen das Seil hinunter, danach liest der Imam wieder aus dem Koran. Und je nachdem wie viele Leute da sind, werfen sie mit Schaufeln oder der Hand Erde auf das Grab. Den Rest macht der Graböffner. Dann ist das Grab zu und die Zeremonie fertig. Bei uns liegt der Tote im Sarg mit dem Kopf zur Seite, Richtung Mekka, Südosten. Beim Begräbnis gibt es keine Bekleidungsvorschrift. Die Kleidung hat damit nichts zu tun. Die Angehörigen gehen danach noch in die Moschee oder, wenn es ganz wenig sind, nachhause. Dort liest man aus dem Koran und isst.
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