Von Daniel Furxer
Wir gehen eine breite Schotterstraße entlang, links und rechts von uns sind kleine Geschäfte, offen oder in Wellblechhütten wird hier Ware angeboten. Von Secondhand-Turnschuhen über Wasserflaschen bis Lebensmittel. Ab und zu winken die Leute der Sozialarbeiterin Susan zu. Sie ist hier bekannt. Stanley führt uns zu seinem Zuhause. Er ist elf Jahre alt und schon öfter von daheim weggelaufen, seit seine Mutter gestorben ist. Früh ist er in Kontakt mit Drogen gekommen.
Der kleine Junge leitet uns plötzlich weg von der breiten Straße in verwinkelte kleine Gassen. Wäscheleinen hängen wild durcheinander, ein kleines Rinnsal fließt neben unseren Füßen und ein sehr unangenehmer, stechender Geruch umhüllt uns. Nach einigen Minuten bleibt der Junge stehen und zeigt auf eine Tür. Hier hat er gewohnt.
Stanley ist eines von vielen Straßenkindern aus dem Mukuru-Slum in Nairobi. Als er immer tiefer in den Drogensumpf hineingeraten ist, hat sich seine ältere Schwester an Susan gewandt. Susan selbst ist auch in diesem Slum aufgewachsen. Jetzt arbeitet sie als Sozialarbeiterin beim Mukuru Promotion Center, geleitet von Sr. Mary Killeen, Ordensschwester der Sisters of Mercy.
Das Wiedersehen mit seiner Schwester im kleinen Wellblech-Haus, das nur aus einem 15 Quadratmeter großen Zimmer besteht, ist berührend und bedrückend zugleich. Ein Hochbett, ein paar Kochplatten und eine Couch, das hat hier in diesem Raum Platz. Stanley ist schweigsam. Der Mann von Stanleys Schwester empfängt uns sehr herzlich, wir bekommen etwas zu trinken, die Stimmung ist freundlich. Als wir wieder zurückgehen, kommen wir an einer Schule vorbei, einem einzigen kleinen Klassenraum mit 40 Kindern, die uns überschwänglich begrüßen. Wie wir später von Susan erfahren, ist das Mukuru Slum in zwölf Dörfer aufgeteilt. Zusammen leben hier rund eine Million Menschen. Zum Abschied übergibt Susan Stanleys Schwester etwas Essen. Dann kehren wir zurück ins MPC-Gelände, nicht weit vom Slum entfernt.
Seit ein paar Monaten ist Stanley im Rehabilitationszentrum von MPC, das durch Spendengelder von Bruder und Schwester in Not unterstützt wird. Hier wohnt er, geht jeden Tag in die Schule und bekommt regelmäßig zu essen. Er kann an Workshops teilnehmen (z.B. in der Schreinerwerkstatt) oder im Gemüsegarten helfen, den die Kinder und Jugendlichen mit den Betreuern aufgebaut haben. „Gerade sind zwei neue kleine Jungs im Zentrum eingetroffen. Der Sozialarbeiter hat sie schon seit Tagen auf der Straße beobachtet. Sie sind noch ganz ängstlich, aber wir schauen nun auf sie und geben ihnen, was sie brauchen“, sagt Schwester Mary Killeen. Die Leiterin hat ihr Leben diesen Kindern gewidmet. „Durch Ihre Spenden können wir diesen Kindern beistehen und ihnen wieder auf den richtigen Weg verhelfen. Wir danken Ihnen von Herzen!“
www.bruderundschwesterinnot.at
Mukuru Promotion Center (MPC) |
gegründet 1985 von Sr. Mary Killeen/Sisters of Mercy. Begonnen als temporäre Schule mitten im Mukuru-Slum. Rehabilitationszentrum (MIRC) gegründet 1997 1-jähriges Programm für ca. 90 Jungs zwischen 6 und 17 Jahre. Einkommen pro Person im Mukuru Slum: 1 Euro/Tag. Lebenskosten 4 Euro/Tag. |